Montag, 28. Dezember 2009

Aus der Zeit gefallen

Die schönste Jahreszeit ist die Zeit, die es eigentlich gar nicht gibt oder geben kann, die Zeit zwischen den Jahren.
Auch wenn 'Jahr' oberflächlich immer ist, für mich fällt spätestens ab Heilig Abend das alte Jahr ab, und bis nach Neujahr, eigentlich bis zum Ende des ersten Januarwochenendes, hat das neue Jahr noch nicht  begonnen.
Die Wetterumstände sind gemeinhin bescheiden; im besten Falle herrscht nicht störendes Nicht-Wetter, wie jetzt grad. Dafür kann man sich während dieser Zeit so schön aus der Zeit fallen lassen.



Trostlos könnte einem der Anblick der Gerichstraße vorkommen. So aus der Zeit gefallen, mit Lotti unserer Dackelhündin an der Leine, sehe ich dagegen eine friedliche nachweihnachtliche vormittäglich ruhige Straßenszene.

(Als ich neulich spätabends mit Lotti Gassi gehen war, fragte mich eine Frau nach dem Weg zu einer Kneipe hinter dem Amtsgericht Wedding. Sie kannte sich etwas aus und wollte wissen, ob sie mit der Gerichtstraße auf dem richtigen Weg zum Amtsgericht sei. Ich antwortet ihr mit nein, denn die Gerichtstraße hieße Gerichtstraße, weil sie zum alten Gerichtsort führen würde, dem Hinrichtungsplatz auf dem heutigen Gartenplatz. Keine gute Antwort für halb eins nachts. Aber sie könne trotzdem die Gerichtstraße lang gehen, müsse aber am Nettelbeckplatz in die Pankstraße abbiegen, die würde sie zum Amtsgericht führen.)

Wir drehen uns um, gehen die Gerichtstraße bis zum Nettelbeckplatz und biegen rechts in die Lindower Straße ein.




Gut, bei der Lindower Straße entlang des Bahndamms der Ringbahn mag es schon schwerer fallen; aber es kann gelingen, in der Ödnis die Stille zu sehen.
Geht man weiter und biegt am oberen Bildrand rechts in die Müllerstraße nach Norden wieder ein, kommt man zum Lausepark, früher Courbièreplatz, seit 1994 Max-Josef-Metzger-Platz.



Ein Gedenkstein zu Ehren des katholischen Pfarrers und Platznamensgebers, zünftig geziert von einer Piccoloflasche Rotkäppchen. In der St. Josephs-Kirche gegenüber wirkte er, bis er von den Nazis 1944 ermordet wurde:
http://www.st-aloysius-berlin-mitte.de/pageID_1886038.html
http://www.luise-berlin.de/bms/bmstxt00/0003porb.htm

 

Der schiefe, fallende Stein vom Lausepark. Wer aus der Zeit der Nazis gefallen war, war schon praktisch gleich tot, wie die Zeit der Nazis selbst nur Tod und Zerstörung bringen konnte.
Um 180 Grad gedreht, das durch Grafittis aktualisierte Denkmal für die Trümmerfrauen und -männer, die dann den Schutt der Zerstörung weggeräumt und aus diesem wieder etwas aufgebaut hatten. Detailbilder hier:
http://www.gerhildkomander.de/content/view/210/220/



Das reicht jetzt eigentlich für Lotti. Wir gehen rüber, nach Hause, wieder zurück in die Jetztzeit, zwischen den Jahren.
Es stimmt was M. sagt, 2010 schreibt sich - noch - nicht gut. 2009 kommt mir aber - schon - etwas gestrig vor. Na gut, gucken wir Sissy, oder machen wir sonst sonst etwas herrlich wunderbar Sinn- und Nutzloses. Ist ja zwischen den Jahren.

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