Sonntag, 21. März 2010

Hertha Fado oder Verlierer sind keine Sieger

Gestern vor einer Woche: Das war ein echter Befreiungsschlag am vergangenen Sonnabend im Olympiastadion vor knapp 58.000 Zuschauern, vor denen Hertha gegen Nürnberg 1:2 verloren hatte und damit den Abstieg zur Gewißheit hat werden lassen, wenigstens in meinem Verständnis von Wahrscheinlichkeiten: Die Aufholjäger sind erlegt!

I. erleichtert
Die Freude über diese Erleichterung war bei einigen so groß, daß sie ihren, aber auch den gegnerischen Spielern, - die ja viel dazu beigetragen hatten, daß sich dieser schöne Moment ereignen konnte, - nah sein wollten. Sie enterten folglich das Spielfeld.
Das bewirkte jedoch vor allem, daß die Spieler und sonstigen Verantwortlichen, - die statt der heiß begehrten Nähe das Weite vorzogen - dieses schnellstmöglich räumten. So konnte dem überschäumenden Wunsch nach dem Einssein mit ihrer Manschaft seitens einiger Zuschauer nicht anders als auf durchaus mißverständliche Art Herr geworden werden, indem nun die zurückgelassenen Ersatzbänke herhalten und dran glauben mußten, wie gut man ihnen doch eigentlich ist.

II. endlich frei
Bei mir war die Erleichterung auch groß, aber ich hab deshalb nicht gleich was zertrümmert. Warum denn! Einen ganzen halben Tag pro Woche schenkt mir die Hertha mit ihrem Abstieg. Ganz locker kann ich nun den Sonnabend/Sonntag Nachmittag angehen. Muß nicht den Termin um 15:30 oder 17:30 oder 18:30 im Kopf haben, um vor dem Radio, der Sky-Konferenz oder Sportschau zu hocken, um mich doch nur wieder frustrieren zu lassen. Wenn ich aber Lust habe, kann ich das trotzdem machen, um mich dann aber völlig enstpannt und neutral, geradezu objektiv auf das reine Geschehen in der Ersten Bundesliga einzulassen. Natürlich wird mich auch weiterhin jede Niederlage von Bayern München ebenso freuen wie der Sieg eines Underdogs wie Mainz oder vielleicht Pauli im nächsten Jahr.
An sich würde dazu auch ein Sieg von Freiburg zählen, allein befürchte ich, daß es hier eher zu einem direkten Duell mit Hertha in der Zweiten Liga kommen wird.

Ich muß nur aufpassen, daß M. nicht meint, daß ich am Sonnabend zum Bundesligaanstoß nun in ein Loch fallen würde, daß unbedingt dadurch gestopft werden müßte, daß man mal bei Ikea vorbeischaute oder dem Gesundbrunnen Center einen Shopping Besuch abstattete ... Ikea am Sonnabend Nachmittag geht nicht, wenn man nicht in selbstverstümmelnder Absicht ein Burn-Out provozieren wollte. Und Gesundbrunnen Center, nein das geht noch viel weniger, das hieße ja, sich an den Rand einer ausgewachsenen Depression begeben und direkt in den Abgrund blicken. Unmittelbar gegenüber dem östlichen Ende des GC, auf der anderen Seite der Swinemünder Straße befindet sich der alte Hertha-Platz, die Plumpe.

III. mal was anderes machen
Mindestens zwei Mannschaften steigen ja nun jedes Jahr aus der Ersten Fußball-Bundesliga ab; nach der letzten Saison Karlsruhe, Bielefeld und nach der Relegation auch noch Cottbus. Na gut, denkt man, der Eine oder Andere weiß diese Städte vielleicht noch nicht mal geografisch sicher einzuordnen. Von Berlin weiß wenigstens jeder, das ist die Hauptstadt, und wenn es die auch nicht wäre, wäre es immer noch Berlin, also irgendwie ein Etwas, daß wenn es nicht erstklassig vertreten ist, sich  falsch bewertet und verstanden vorkommt, also kurz: der Abstieg Herthas aus der Ersten Bundesliga grenzt an Berliner Majestätsbeleidigung.

Wie neulich ein älterer Mann im Vorbeigehen zu mir gewandt vor sich her deklamierte: "Wenn Härta inne sweeten Lija spielt, könnse oo' glei' uffhörn!"

Na, und nun schau aber mal um dich! Das haben  die anderen Absteigerstädte nämlich nicht. Da skandiere ich  glatt:
Empor Brandenburger Tor - Eisbären - Alba -  Füchse -  SCC - WF Spandau und SC Wedding und SG Neukölln  - BHC und TuS Lichterfelde - SF Berlin und SF König Tegel - 3B Berlin.
Alles Berliner Vereine der Ersten Bundesliga! Zum Teil sogar zu mehreren.
Und jetzt rate mal, in welchen Sportarten?

In einer gibts gar keinen Ball, da sitzen die Spieler nur rum.
In dreien sind die Spielgeräte so klein, daß man Tore oder Punkte nur wegen des einsetzenden Jubels oder weil es jemand anzeigt mitbekommt.
Eine ist wie Asynchronschwimmen mit Ball und den Körperkontaktregeln vom Eishockey, das aber unter Wasser. .
Bei einer bekomme ich Genickstarre.
Beim Handball denke ich oft, die könnens halt nicht mit den Füßen.
Das gibts noch Volleyball, egal  - und meine Lieblingssportart, insofern ich sie selber betreibe (Fußball ist lange her).

Aber alle finden nicht im Olympiastadion statt und sind nicht Fußball.

IV. was nun machen?
Und was machen wir nun mit unserer Erleichterung und Freiheit, unserem erweiterten Horizont? Also doch zu Hertha? - gegen Paderborn? - im Olympiastadion? - vor 7345 Zuschauern? Das ist nur was für Menschen ohne Platzangst. 

Die S-Bahn hätte zwar ausnahmsweise mal ein Problem weniger, nämlich mit dem Transport der Zuschauer, aber ich will dem Hauptsponsor der Hertha, der Deutschen Bahn, hier nicht unterstellen, daß sie den Verein  in diese Richtung beeinflußt hätte.

Ich glaub auch nicht, daß WoWie hier seine Hand im Spiel und Hertha-Spiele irgendwie hat manipulieren lassen: Nein, nicht um durch gezielte Wetteinsätze die marode Berliner Landeskasse aufzubessern, sondern um sich für den Wahlkampf ab kommender Saison eine hübsche Plattform zu schaffen - beim Derby Hertha gegen Union, da könnte er sich so als Gesamtberliner Ober-WoWie gerieren. Glaub ich aber wie gesagt nicht.

Hertha - Union, Union - Hertha, in der Alten Försterei, hört sich das nicht schon genauso schrecklich an wie es ist?!

V. Coda
Bayern hat gestern tatsächlich verloren, in Frankfurt. Wow! Freiburg hat gewonnen. Gratulation nach Schachen! Eigentlich schon genug für ein gelungenes Fußball-Wochenende.

Herthas Spiel gegen Wolfsburg hat grad begonnen. Nein, ich hörs mir auch nicht im Radio an.
Vielleicht finde ich stattdessen irgendeinen Sender, auf dem  Fado läuft.

(repeat till fade) Für den Fall eines unverhofften Wunders zu meiner persönlichen Absicherung mein Post vom 24.2.2010:
http://berlinbanal.blogspot.com/2010/02/ha-ho-he.html

2 Kommentare:

  1. Tja W,
    ich hoffe doch mal, dass Du trotz Deiner Fado-Tanz-Absichten irgendwo mal ins Spiel reingeschmult hast. Habe gerade beim Live-Ticker des grossen Deutschen Fernsehens ohne zugehaltenem Auge geschaut und war bass erstaunt über das, was ich gesehen habe. Wie sagte und erklärte mir ein weiser (wenn auch nicht ganz so alter) Mann vor ein paar Wochen: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Vielleicht ist die grosse alte Dame ja doch Saisonarbeiter und rappelt sich. Aber die Meisterschaft ist glaube ich wirklich hin. Schick M. das nächste mal auf einen Samstag einfach zu mir, in meiner selbstzerstörerischen Phase, in der ich mich eh gerade befinde, würde ich sie ins IKEA begleiten und Dich aus der Pflicht nehmen;-)

    Bis denne, und es leben die Wasserfreunde Spandau;-)

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  2. Hallo A,
    danke für dein aufopferungswilliges Angebot,aber so schlimm wirds schon nicht.

    Ja du hasts gut mit den WF; aber auch nix richtiges zum Ansehen.

    Eine Frechheit dieses 5:1 von Hertha. Das zeigt erst, welchen Mist sie die ganze Zeit gespielt haben und was sie spielen könnten. Offensichtlich fehlte da auch der Wille.

    Wir werden sehen.

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