Freitag, 2. Januar 2015

Abenteuer an Silvester und Neujahr

Wir waren alle geflohen vor den silvesterlichen Kriegssimulationen in Berlin.

 Am Abend würde Lotti anschlagen, wuffen. Das kann erstmal ziemlich viel bedeuten: von Garnichts bis da versucht grad jemand einzubrechen. Jedenfalls lag da dann die Frau. Lag auf dem Rücken, die Hände über dem Bauch verschränkt, auf einer Reihe von Sitzkissen, und hatte wie als eine Zudecke ein weiteres Sitzkissen auf sich gelegt. Ja der Brustkorb hob - und senkte sich. Sie trug einen Nylonmantel, hatte eine Mütze auf und Handschuhe an. Die Füße guckten halb über die Sitzkissenunterlage und steckten in festen Straßenschuhen. Sie sah aus, die Frau, als hatte sie sich entschlossen, heute in winterlicher Straßenkleidung zu schlafen, und zwar auf dem Boden eines blinden/toten Ecks, das von zwei langen Gängen des Flures gebildet wurde, die sich in einem rechten Winkel hier trafen. Sie mag Ende sechzig, Anfang siebzig gewesen sein. Sie schlief.
Hallo!? Hallo?!
Die Frau öffnete die Augen, hob etwas ihren Oberkörper.
Ob wir ihr helfen können?
Nein, nein. Danke. Alles in Ordnung.
Ob sie hier wohnen würde?
Ja ja. Hier gleich in Zweihundertvier.
Ahha. Ob sie Gast oder Eigentümerin wäre?
Nein, sie wäre hier bei Privat. Bei Frau Böhme.
Aha. Und Sie kommen nicht rein?
Nein.
Ist denn niemand in der Wohnung?
Nein, sie wäre allein hier. Wollte vorhin noch einen kleinen Spaziergang machen. Als sie die Wohnungstür zugemacht hatte, merkte sie, daß sie den Schlüssel nicht eingesteckt hatte.
Den Hausmeister anrufen?
Ihr Handy hätte sie ja auch in der Wohnung gelassen. Und der Hausmeister will doch jetzt in Ruhe Silvester feiern. Oder hat sein Telefon gleich ganz ausgeschaltet. Es war Silvester, abends gegen 22 Uhr. Sie würde morgen früh zur Rezeption gehen und sich aufschließen lassen. Die sind ab 8 Uhr da.
Am nächsten Morgen war die Frau vom Gang verschwunden, die Kissen waren wieder verräumt. Die Wasserflasche stand unangetastet da. 

Am Nachmittag, des Neujahrstages, bei leichtem Schneetreiben draußen im Thermalwasser  Bahn auf Bahn ziehend. Nur anfangs die Schultern kühl von den pitzligen Flocken. Lotti lag da längst auf ihrem Kissen nach der Kurwaldrunde.

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