Sonntag, 20. November 2011

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Inzwischen bin ich fast ein wenig enttäuscht, wenn ich mit Lotti vom Gassigehen zurückgekommen bin und unterwegs von niemandem angehalten und gefragt wurde:
'Ach entschuldigen Sie, wo ist denn... / wie komme ich zu... / wo finde ich die... '

Lausepark, Blick zur Gerichtstraße
Aber es gab schon Tage, da wurde ich jedes Mal, wenn ich mit Lotti grad draußen unterwegs war, von jemandem nach einer Straße oder - ja zum Beispiel gefragt, wo denn die nächste Volksbank sei.

Nun ist hier mein und Lottis Beritt nicht grad übersäht mit Bankfilialen, insofern konnte das nur am Leopoldplatz sein. Dort war in das alte Geschäft von Schuh-Neumann die türkische Isbank eingezogen und zwei Häuser weiter, wußte ich, war schon immer eine Bankfiliale gewesen, und ich war mir ziemlich sicher, daß das eine der Volksbank war. Nicht ganz sicher hingegegen war ich mir, ob die nicht inzwischen etwa geschlossen worden war.

Lotti am Plötzensee
Lotti und ich waren grad am Ende der Morgenrunde aus dem Lausepark gekommen und standen auf der Müllerstraße, von wo aus man leicht bis zum Leopoldplatz sehen konnte, und ich zeigte der Frau, die die Volksbank suchte, ... dort an der Ecke, wo das Haus mit der Kuppel steht, und dort noch ein kleines Stückchen weiter. Die Frau bedankte sich und strebte zügig dem Ziel entgegen


Gleich am Anfang der Runde auf der Gerichtstraße in der Nähe des Eingangs zum nicht mehr betriebenen Krematorium gegenüber dem Gebäude der inzwischen ebenfalls geschlossenen Hauptpost 65 hatte mich eine Frau mit einem Zettel in der Hand und  leicht außer Atem gefragt, wo denn die Gerichtstraße Nummer 47 sei. Ehrlich gesagt, wußte ich das auch nicht auf Anhieb. Das sagte ich ihr natürlich nicht so deutlich, begann stattdessen scharf zu überlegen.

Nettelbeckplatz
Immerhin wußte ich, daß die Grundstücke in der Gerichtstraße nicht im Zickzack sondern nach dem Hufeisenprnzip nummeriert sind: also auf der einen Straßenseite bis zu einem Straßenende fortlaufend gezählt und von da auf der anderen Straßenseite und nunmehr in Gegenrichtung bis zum anderen Ende weitergezählt. (Der Gerichtstraße 1 gegenüber liegt von daher das Haus Gerichtstraße 86.) Und zwischendrin liegen sich etwa die Nummern 37 und 50 gegenüber, nämlich das Krematorium und das Postgebäude, also dort wo wir uns gerade befanden.
Um Zeit zu gewinnen fragte ich die Frau, wo sie denn eigentlich hinwolle. Sie blickte etwas gehetzt auf ihren Zettel und teilte mit, zu einer Hautärztin. Sie wäre knapp dran.

Sparrplatz
Dabei ratterte ich schon die Grundstücke der Gerichtstraße im Kopf durch: Wenn gegenüber die Nummer 50 ist, liegt rechts davon, nämlich abwärts gezählt, nur drei Grundstücke weiter die Nummer 47. Tatsächlich erstreckt sich aber rechts von der Nummer 50 der Lausepark, und zwar bis zum Ende der Gerichtstraße an der Einmüdung zur Müllerstraße. Folglich mußte sich die Nummer 47 auf der eigenen Straßenseite befinden. Da ich selbst in etwa auf der Höhe der Nummer 37 war, mithin zehn Nummern weiter in Richtung Müllerstraße.
Jetzt fiel mir auch ein, daß früher mal direkt an der Ecke ein Haut-und-Liebe-Arzt ansässig war. Naja, kann inzwischen von einer Ärztin übernommen worden sein. Und sagte der Frau, da vorne an der Ecke, da wäre es. Sie bedankte sich und stürmte vorwärts zu ihrem Arzttermin.


Als Lotti und ich zurückgekommen waren von der großen Tagesrunde und grade ins Haus gehen wollten - es war schon dunkel -, kommt ganz frohgemut eine Frau uns entgegen: Entschuldigen Sie, können Sie mir sagen, wo die Brüsseler Straße ist. Ich bejahe und frage sie, ob sie gut zu Fuß sei, habe aber derweil schon angefangen im Kopf durchzuzählen.

Lotti am Möwensee in der Rehberge

Meine Denktätigkeit wirkt nach außen scheinbar derart beunruhigend, daß sich die Frau besorgt, sie könne auch jemand anderen fragen. Ich wehre heftig ab und erläutere, daß ich die Ampeln abzählen würde: Die vierte Ampel links, wenn Sie sich umdrehen, das ist die Brüsseler Straße, sage ich und zeige in ihre Gegenrichtung.

Ob das hinter dem Leopoldplatz sei, fragt sie. Das ist fast an der Seestraße, antworte ich. Oh, erwidert sie, da käme sie grade her. Da wäre sie extra mit der Ubahn hingefahren. Aber das mache nichts, sie würde gerne laufen, bedankt sich, dreht um und schiebt ebenso frohgemut los, wie sie gekommen war.
Ich wollte ihr noch den Tip geben, daß sich die Ubahn nicht für die Straßensuche auf gut Glück eignet. Da war sie schon außer Hörweite.


Lausepark, Blick zur Müllerstraße
Einmal habe ich einer Frau eine falsche Auskunft gegeben. Die Bornemannstraße hatte ich am Gesundbrunnen vermutet, dabei liegt sie gar nicht weit entfernt, jenseits der Reinickendorfer Straße.

Eines sonntags vormittags aber war ich fast ratlos. Fragt mich eine Frau, wo sie etwas essen gehen könnte.
Zu dieser Zeit konnte ich sie nur zur nächstgelegenen Imbißzeile eine Straße weiter schicken.

 Es scheint tatsächlich so zu sein, daß Frauen, und nur Frauen, nach dem Weg fragen. 

1 Kommentar:

  1. Hi Werner,

    wie deine "empirische Studie" belegt, sind es tatsächlich die Frauen, die sich trauen nach dem Weg zu fragen. Warum auch nicht? Das ist doch keine Schande mal nach dem Weg zu fragen. Bevor frau stundenlang in die falsche Richtung läuft und sich völlig verfranst.. Wozu gibt es eingeborene Ortskundige? Und woran erkennt frau die? Am Hund! Wer jeden Tag Gassi geht, kennt sich aus in den Sraßen. Außerdem machen Hundebesitzer einen vertrauenswürdigen Eindruck, zumindest kann man Tierliebe vermuten, da hofft frau dann auch auf Freundlichkeit gegenüber dem Rat suchenden Mitmenschen. Und wird, zumal wenn sie auf dich trifft, auch nicht enttäuscht. Am liebsten würde frau natürlich eine Frau fragen, aber die haben ja oft keine Ortskenntnisse...(außer vielleicht, sie wäre mit Hund unterwegs).

    Männer mit Hund sind also prädestinert dafür, Auskunft zu geben. Warum allerdings Männer (ohne Hund) lieber stundenlang durch die Gegend irren, statt mal kurz zu fragen, das wird mir ein ewiges Rätsel bleiben.

    Grüße in den Großstadtdschungel

    Tina

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