Samstag, 29. Oktober 2011

Im Farbenrausch

Goethepark, heute
Schade, da reicht die Kamera des Handys nicht ganz ran, die Farbenpracht zu konservieren, in die Berlin von einigen Hochnebel-Ausnahmetagen abgesehen fast den gesamten Oktober über gehüllt ist, den Farbenrausch wiederzugeben, in den man in den Parks und Wäldern getaucht wird.

Entree Lausepark, heute


Sparrplatz, morgen
Heute nacht heißts wieder: Uhren umstellen und damit Sommer endgültig adé! Aber wo lang umstellen, in welche Richtung? Wie jedes Jahr die gleichen Fallstricke : Vor oder Zurück? Das ist hier die Frage.
Auf jeden Fall fängt morgen die dunkele Zeit des Jahres an: Mit einem Sonnenuntergang heute um 17:42 ist das noch früher Abend, während der morgige schon um 16:40 über den Horizont geht; das ist später Nachmittag.

´Rehberge, heute

Also nichts wie rein in den aktuellen Farbrausch. Kein Problem mit Lotti, die einen wie üblich raustreibt, heute zu einem weiten Gang  durch Goethepark, rüber zum Plötzensee und wieder rum zur Rehberge.
Wir waren praktisch mit der Runde fertig, ich hatte noch ein letztes Mal den Ball geworfen, wir waren im englischen Teil kurz vor dem Ausgang:
"Das ist nicht Marzahn oder Hellersorf. Das ist Wedding. Hier läßt sich leben."
Ich horchte natürlich auf und drehte mich um. Ein mittelalter Mann mit umhängender Kamera hatte das zu einer neben ihm gehenden, etwas jüngeren Frau gesagt. Als er bemerkte, daß ich auf sie aufmerksam geworden war, sagte er zu mir:
"Hier läßt sich doch gut leben?!"

Müllerstraße/Lausepark, morgen
Hab ich natürlich bejaht, ohne auf Relativierungen einzugehen oder mich aufzumanteln mit der Tatsache, daß er mit mir als gebürtigem Weddinger für diese Frage natürlich auf das Kompetenzzentrum schlechthin getroffen wäre.

"Siehst du", sagte der Mann zu der Frau neben ihm. "Sie wohnt nämlich in Prenzlauer Berg", sagte er dan zu mir über die Frau neben ihm, die sich daraufhin etwas g'schamig wand, "und ich versuch ihr das zu zeigen."
Ich bat, es aber nicht weiter zu sagen, Geheimtipp und so, und wie grün der Wedding wäre, bräuchte man nur mal auf den Stadtplan zu kucken, ... - "und Wasser" ergänzte er - , aber es gäbe eben auch so Ecken, da müsse man bißchen aufpassen. Wir sprachen dann über die Gentrifizierungsvorgänge in verschiedenen Berliner Quartieren und entsprechende Aussichten auch für den Wedding. Der Mann hatte einen Wohnungskauf vor.

Jungfernheide, morgen
(ausnahmsweise Reinickendorf)
Ich bestärkte ihn, daß er mit dem Wedding absolut auf dem richtigen Weg sei, genau wie der Fahrradfahrer neulich am Dohnagestell: Ich hatte mit Lotti extra angehalten, um ihn vorbeizulassen. Aber ganz atemlos hielt er plötzlich an und inne, und fragte mich , wo es hier nach Mitte ginge.  Das war nicht so einfach zu erklären, weil wir uns ja in der nordwestlichen Ecke des Verwaltungsbezirks 'Mitte' befanden; der Fahrradfahrer also im Grunde schon da war, wo er erst noch hinwollte.
Ich antwortete also, mich drehend und mit den Armen um mich herum weisend: "Überall, ... das ist hier Mitte ... oder, um genau zu sein - Wedding."
"Ach," sagte er hocherfreut, "ist das schon Wedding. Dann weiß ich Bescheid," setzte sich wieder auf sein Rad und fuhr weiter.

Goethepark, heute

Lotti saß derweil im Gegenlicht auf der Wiese, ihr Ball neben sich und schaute mich heischend an, wann und daß es weiterginge.
Und so war es auch gleich.

Freitag, 28. Oktober 2011

An der Ecke um die Ecke

Während ich bei den Gassigängen tagsüber versuche, die Strecken so variantenreich wie möglich zu gestalten, ähneln sich die abendlichen Gänge doch stark. Ich möchte das eher hinter mich bringen, und dann Feierabend; und Lotti wirkt spätabends auch nicht sonderlich erpicht darauf, neue Gassirouten auszutesten.

Selbsterklärend
Fast immer geht es im wesentlichen einmal um den Block, einmal ums Karree, und zwar im Uhrzeigersinn, also auf einem  Kreis, den man rechts herum begeht. Das erste Mal um die Ecke geht es mithin Müller Ecke Burgsdorf.

Heute vormittag stand dort in der Müllerstraße wieder einmal nach längerer Zeit die polizeiliche Verkehrsüberwachung mit einer Laserkanone da. Überwacht wurde die Einhaltung der 30er Zone ... tja, die irgendwie mit der Schule Ecke Trift  - die Ecke, um die es abends als letzte geht - wohl zu tun hat
[vgl. Blog v. 15.10.10 Happy Way   http://berlinbanal.blogspot.com/2010/10/happy-way.html ].

Nun führen solche Radarkontrollen für den Anwohner, zumal für den hundeführenden, aber nicht nur zur Entspannung, obgleich man denken sollte, daß es von Vorteil ist, wenn die Autopulks durch eine 30er Zone zum langsameren Fahren genötigt werden. Diese temporären erzwungenen Entschleunigungen sind jedoch trügerisch und können tückisch sein, wenn man sich nämlich von ihnen einlullen läßt und nicht daran denkt, daß die höchsten Geschwindigkeiten hier abends und nachts erreicht werden im Rahmen von Probefahrten mit dem frisch geleasten 7er oder Bugatti und Vergleichsfahrten von Yamaha und Harley. Hilfreich, da direkt den Überlebensimpuls vorm Überqueren der Straße schärfend, sind lediglich die gefühlten 120 Dezibel beim Hochziehen, bei allen negativen Implikationen wie beim Fluglärm.
Hier würde sich natürlich eine Verkehrsüberwachung auch mal lohnen.

Am Vormittag jedoch bewirkt die radarüberwachte 30er Zone nur, daß der Großteil der Autofahrer auch tatsächlich um die 30 fährt, jedenfalls nicht wesentlich mehr, auf keinen Fall die üblichen 55 plus. Ergebnis: Nun muß ich mit Lotti besonders darauf sehen, wie wir über die Straße kommen.

Radarkontrolle  Müller Ecke Burgsdorf, leider vormittags

Die Autos nähern sich von der Ampel an der Triftstraße her mit einer derart aufreizenden Langsamkeit, daß ich sie schon auch auffordere, nun mal schneller zu machen. Das bleibt zwar ohne jeglichen Effekt, aber daß hier irgendjemand auf fahrende Autos auf der Straße einredet, fällt immerhin nicht weiter auf.
Aufgrund der verringerten Geschwindigkeit dauert es und dauert es, bis die Fahrzeuge durchgezogen sind. Während der eine Pulk noch nicht vorbeigeschlichen ist, droht schon der nächste, sich von der Ampel aus in Gang zu setzen und zwar in direktem Anschluß an die auf den ersten Pulk erst noch folgenden Rechtsabbieger. Da muß ich mit Lotti aber genau den richtigen Punkt erwischen, um wohlbehalten zwischen den einzelnen Fahrzeuggruppen durchzuschlüpfen.
Würden die Autos schneller fahren, wäre die Zeit zwischen den einzelnen Pulkintervallen größer; wir könnten mithin sicherer die Straße überqueren.

besagte Straßenecke
Als wir, Lotti und ich, also neulich abend um die Müller Ecke Burgsdorf bogen, stand er - wie auch am Vorabend - schon wieder da: genau mitten im um-die-Ecke-biegen-Bereich, und studierte sein Smartphone. Da so ein Display ja nicht allzu groß ist, mußten wir offensichtlich trotzdem in sein Gesichtsfeld gedrungen sein können, denn er blickte hoch und sagte: "Mensch, wie gestern abend." Genau um die gleiche Zeit, und er hätte sogar die selbe Jacke an. Wie ich heißen würde, er sei Oliver.
Ich sagte ihm daraufhin nicht, daß ich heute ebenfalls die selbe Jacke wie gestern abend anhätte, einfach, weil es mir nicht einfiel. Dafür nannte ich meinen Namen, und wir reichten uns die Hand. Das geschah so schnell, daß ich nicht mehr dazu kam, daran zu denken - und dafür möchte ich mich hier vor aller Öffentlichkeit entschuldigen -, meine Handschuhe auszuziehen, daß ich ihm also meine behandschuhte Rechte reichte.

Nun laufe ich nicht abends gegen 23 Uhr um Weddinger Straßenecken um Hände zu schütteln und meinen Namen auszuposaunen. Biegt man aber in besagte Straßenecke ein, so betritt man Prime Time Land, und bei Oliver handelte es sich nicht um einen x-beliebigen Oliver, sondern um Oliver T., ein Chef des Prime Time Theaters und der zugehörigen Lokalität Prime Time Kantine in der Burgsdorfstraße. (Das Googeln von 'Prime Time Theater' bringt knapp 68 Millionen Ergebnisse.)

Eingang ins Prime Time Land
Ob ich immer um die Zeit die Gassirunde machte, ja so in etwa eher etwas früher. Was denn mit seinem wäre, frage ich Oliver. Gemeint ist sein Hund, der glaube ich Blacky heißt und damit erst einmal oberflächlich beschrieben ist. Oliver weist mit dem Kopf in Richtung Prime Time Kantine: "Da drinnen."
Ich nicke und sage etwas wie "Okay." oder so ähnlich. Das wäre anders an der Ecke hier auch nicht gut gegangen. Lotti und Blacky mögen sich überhaupt nicht, fauchen sich geradezu an - schon auf Entfernung. Mit S.s Teckelkumpel Rudi und Blacky übrigens dasselbe.

Prime Time Land

Im Weitergehen drehe ich mich nochmal um und rufe zurück: "Hab euch neulich bei Lanz gesehen."
"Ja meine Frau war da , Constanze." Die zweite Chefin des Theaters, Olivers Frau Constanze B., war nämlich zwei Tage zuvor als Gast in der Talkshow von Mario Lanz im ZDF gewesen. "Ich hab dich aber auch gesehen, vorne in der ersten Reihe.", ergänze ich.
Mit erhobenem Arm grüßt er bestätigend zum Abschied, was ich auf die gleich Art erwidere und weiter ziehe ich mit Lotti  zur nächsten Ecke und dann um den ganzen Block.

Prime Time Theater  http://www.primetimetheater.de/impressum.html
wg

Freitag, 14. Oktober 2011

Auf der Bank

Heute morgen mußte ich, deutlich vor Beginn der Öffnungszeit, Geld für S.  aus dem Automaten ihrer Stamm-Bankfiliale in der Müllerstraße ziehen. Gestern Abend hatte sie noch versucht, mich davon zu überzeugen, wie super ihre Methode wäre, sich die PIN für die EC-Karte zu merken. Ich bedankte mich für die Hilfestellung, wie Dracula sich für ein Knoblauch-Kreuz bedankte, das man versuchte, ihm als Morgengabe anzudrehen.
Bei Eselsbrücken rate ich, sich ausschließlich auf sich selbst zu beschränken und zu verlassen.

Egal wie, die angegebene PIN stellte sich auch nach dem zweiten Versuch als nicht passend heraus. Bei mir konnte der Fehler nicht liegen, denn ich hatte sie einfach aufgeschrieben.
Ein Anruf bei S. bewirkte, daß ihr umgehend einfiel, daß sie mir dann eben die andere PIN geben würde. Die ursprünglich gegebene würde wohl zu dem anderen Konto gehören; sie würde das manchmal verwechseln.

Das war also eine Eselsbrücke zu wenig. - Es war aber vor allem überhaupt nicht das, was da heute morgen 'Auf der Bank' lag.
Als ich das Telefonat, frisch versorgt mit erneuter PIN, beendet hatte, sah ich erst, daß neben dem Geldautomaten im Foyer der Filiale auf der Adeckung über den Heizungskörpern ein Mann lag, zugedeckt mit einem größeren Stück Pappe und noch schlief.
Ist das Jo Ackermanns Beitrag zur Abschreckung und damit Eindämmung von Automatenkriminalität, dachte ich, oder doch ein besonders perfider Versuch, PINs auszuspionieren.

Ich beendete mit neuer PIN erfolgreich meine Bankautomatengeschäfte. Der Mann schlief ungerührt weiter. Hatte wohl doch nichts mit Strategien bei der Bekämpfung von Automatenkriminalität, daß der Mann da im Bankvorraum schlief: die Weddinger Variante von Occupy Deutsche Bank.