Mittwoch, 20. Juni 2012

Halbzeitpause

Halbzeit. Durchatmen!
Drei von sechs Spielen sind gespielt - also die Hälfte? Sollten die Griechen die deutsche Nationalmannschaft bei der EM im anstehenden Viertelfinale tatsächlich aus dem Turnier werfen, wären es dann eben nicht die Hälfte der Spiele bis hierher gewesen, sondern schon Dreiviertel. Aber nein, nein das wird nicht passieren.

Lotti guckt EM
Spiele und Brot! Während im Rahmen der EM ein Land nach dem anderen ausscheidet, wird ein Euro-Land nach dem anderen von der Diktatur der Märkte zusammengefaltet. Demnach wird Deutschland ganz klar Europameister, da es als letztes Land des Euro-Raums ebenso übrigbleiben wird wie parallel dazu im Rahmen des EM 2012-Entscheids.
Halbzeit ist auf jeden Fall. Die Vorrunde ist gespielt. Ab jetzt gehts ko-mäßig weiter.
Aber heute, heute ist spielfrei.
Mal sehen, was sich alles angesammelt hat:

Nach dem Demo Ende: Wannen in Dreierreihen
Lange vorbei, schon fast vergessen, der Ausnahmezustand am letzten Apriltag, zur Walpurgisnacht: Letztlich ist ja nichts passiert, die Aufregungen und Befürchtungen zuvor hatten sich als überflüssig herausgestellt.

Herzlich Willkommen zur Walpurgisnacht
M. vom Laden ein paar Häuser weiter wird das anders sehen. Beim Abbau der Balustraden, die er als Schutz vor den Schaufenstern angebracht hatte, war er so unglücklich von der Leiter gestürzt, daß er sich einen derart fiesen Beinbruch zugezogen hat, daß er jetzt nach langwieriger OP auch über anderthalb Monate später noch im Rollstuhl sitzen muß.
abgesperrter Park
Der Lausepark war dagegen völlig unangetastet geblieben, da von Absperrgittern rundherum und der Hundestaffel geschützt. Nein, die Schäferhunde hatte man besser nicht zu streicheln versuchen sollen.

Aktuell gibts wieder vermehrt Bierflaschenscherben auf den Wegen des Lauseparks. Da muß ich Lotti extra drumherum führen, damit sie nicht reintappt. Und es sind Rattenköder ausgelegt. Bei beidem drängt sich nicht gerade auf, in ihnen Symptome einer laufenden Gentrifizierung erblicken zu müssen - gegen die es eigentlich beim Walpurgisnachtprotestzug ging.

Sieht fast wie Prenzlberg aus.
Dennoch habe ich die Anregung aufgenommen und  verstärkt nach Gentrifizierungsanzeichen in der Gegend Ausschau gehalten.
Beim Haus Burgsdorf- Ecke Willdenowstraße gleich um die Ecke bin ich fündig geworden. Daß die Rosenpflanzungen an diesem aufwendig durchsanierten (und damit ganz handfest gentrifizerten) Eckhaus, unbehelligt - d.h. unzerstört, unvermüllt - wachsen konnten, ist natürlich ein klares Indiz für Gentrifizierung, jedenfalls insoweit man als dessen Gegensatz Verwahrlosung setzte.

In den Rehbergen bin ich mit Lotti offensichtlich auf einige Weddinger Gentrifiziererexemplare gestoßen. Das erste Tackling war mit einer Mutter, deren einem Kind Lotti, am Boden langschnüffelnd, also mal ausnahmsweise nicht auf Menschen achtend, sich näherte, argwöhnisch von der Mutter beäugt. Ich ging auf Lotti zu, um sie in eine andere Richtung umzulenken. Das war mir auch so gut wie gelungen, als ein zweites Kind auftauchte, nicht unbemerkt von Lotti, die sich nun ihrerseits freudig erregt diesem Kind näherte. Das bekam gleich einmal einen Schrei- und Panikanfall und fiel hin. Das habe ich aber schon nur aus den Augenwinkeln gesehen, da ich längst mit Lotti im Weitergehen war. Mit abwertend wegwerfender Handbewegung, mich von diesem hysterischen Mutter-Kind Idylle abwendend, beendte ich den Dialog mit der Mutter, die in meinem Gedächtnis geschwäbelt hatte, was ich aber definitiv weiß, daß es nicht der Fall sein gewesen war:
`Das ist kein Hundeauslaufgebiet.'
'Sie sollten lieber ihrm Kind beibringen, mit Hunden umzugehen.'
'Das ist jetzt aber nicht der richtige Ansatz.' (Diesen Satz habe ich besonders verschwäbelt in Erinnerung. Die Mutter sprach aber tatsächlich ein nicht weiter markiertes Hochdeutsch.)
'Gehen Sie doch mit ihrn Kindern in' Kindergarten.'

Einen Tag später, wieder in der Rehberge, und zwar auf dem Weg zwischen Freilichtbühne und Großer Wiese, dem wahrscheinlich breitesten Weg des gesamten Volksparks, war ich formal gesehen wieder auf der schwächeren Seite:  Es kommt entgegen ein Anfang zwanzigjähriger, hoch auf ca. 2 m Körperlänge aufgeschossener  Jogger. Plötzlich hört er auf weiterzulaufen und tippelt nervös auf der Stelle. Erst als ich mich umblicke, sehe ich, was seinen Bewegungsfortgang schockt und ihn so erstarren läßt: Lotti, die in vollem Galopp mir nachkommt und sowohl an mir als auch an dem tippelnden Jogger vorbeirennt. Ich höre mir im Weitergehen wieder an, daß hier kein Hundeauslaufgebiet wäre, und frage, ob er schon in Behandlung wäre.

Genter Straße, Wedding nicht Sofia
Man findet aber nach wie vor ausreichend Indizien, daß es genügend ungentrifiziert ist und bleiben wird hier. Deshalb mag es viele Bulgaren hierher ziehen - so, wie hier mit dieser Häuserlücke, stelle ich mir Sofia vor.

Dann war das dieser Fischreiher, am Möwensee (das Weddinger Seenland will ich schon seit einem Jahr vorstellen).
Ich bin mir sicher, das ist derselbe Reiher
Auf dem Wasser schwamm irgendwas, woran sich ein Fisch von unten zu schaffen machte, wie man aus den aufsteigenden Bläschen schließen konnte. Nahe bei stand auf seinen Stelzenbeinen unbeweglich der Fischreiher. Cool wie ein Profikiller im Film wartete er auf den richtigen Moment. In einer einzigen Bewegung stieß er seinen langen schmalen Pinzettenschnabel ins Wetter, fuhr gemächlich den Kopf wieder hoch, mit dem Fisch im Schnabel, hielt inne und würgte den Fisch durch den Hals in seinen Körper hinein. Ich war so gebannt, daß ich vergaß, ein Bild zu machen. Stattdessen schaute ich fasziniert zu, wie auch einem zweiten Fisch das gleiche Schicksal zuteil wurde.       

So ein Glück, morgen gehts weiter. Da beginnen die Viertelfinalspiele. Man kommt ganz aus dem Rhythmus.

 

   


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen