Samstag, 20. August 2011

Wahlwerbung 04 - Die voraussichtlichen Wahl-Kampf-Sieger

Das ist aber sehr vorsorglich gedacht von der SPD, daß sie ihre Groß-Wahlplakate austauscht. Nun blickt mir nicht mehr diese Frau vom Schluß des vorangegangenen Posts ins Fenster, sondern ...


 Ja da hab ich erst etwas gestutzt. Ist das in der Mitte ein Druckfehler oder falsch geklebt oder ein Stück herausgerissen. M. kam dann drauf, daß das Schnappi ist, das als Handpuppe von einem selig lächelnden Kind geführt Wowie in die Nase beißt. Das ist schon liab.

Ab jetzt also wohl nur noch Wowie. Und es wird den Umfragen nach auch locker reichen für die SPD, zumindest stärkste Partei zu werden. Die Wahlergebnisarithmetik könnte allerdings noch für wilde Konstellationen sorgen.

Langsam nehme ich die Wahlplakatstrecken an den Straßen nicht mehr wahr. Gut so, daß das Gehirn einfach mit Ignorieren reagiert auf reizlose optische Dauerbehelligung. Die SPD Werbung kommt bei mir deshalb auch am besten noch an, weil sie am wenigsten behelligt. Und sogar Wowie muß im wechselnden Motif auf dem Mittelstreifen serviert werden.

Die zentrale SPD-Wahlaussage Berlin verstehen verstehe ich nach wie vor nicht völlig, aber sie bewirkt immerhin keine unangenehmen Gefühle.  Dagegen die verschreckenden Da müssen wir ran und Damit sich was ändert von Grün und Schwarz, das klingt doch ... ja wie klingt das ... na ich würd mal sagen, das klingt wie Wahlkampf.

Für die FDP hats immerhin zu einem Plakat auf Late-Night-Gag-Niveau gereicht. Um es lesen zu können, mußte ich extra anhalten. Für Harald Schmidt würde es wohl reichen. Das wird die Gelben aber zum Glück auch nicht über den Status einer Splitterpartei hinausbringen.

Zumal die Plakataussage so auch nicht zutrifft: Tempo-30 auf Berliner Straßen schwirrt in Politikerhirnen deshalb rum, weil auf diese Weise das Problem des zum Teil katastrophalen Zustandes des Berliner Straßennetzes und des zur Reparatur fehlenden Geldes behoben werden könnte. Es gibt ja schon einzelne 30er Strecken auf maroden Hauptverkehrsstraßen.  

Geheimfavorit für die Wahl ist meines Erachtens aber die PSG, die etwas obskure trotzkistische Partei für Soziale Gerechtigkeit, mit ihrem geforderten Versprechen  nach bedingungslosem Grundeinkommen in Höhe von 1500,- Euro monatlich. Das sind bis zu 2500,- Euro brutto, bedingungslos, für Nichts. Und mit Schwarzarbeit muß das wohl auch nicht verrechnet werden.
Weshalb dann aber auf der Rückseite noch die völlig überflüssige Forderung nach Recht auf Arbeit ?!

Die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen
(BGE) ist so obskur übrigens nicht. In der Schweiz wird es darüber demnächst wohl zu einer Volksabstimmung kommen.

Die Piraten sind gleichfalls für ein BGE. Und vielleicht haben sie ja den Schlüssel für den Wahlsieg.  Das Plakat immerhin spricht einen auf der Straße sehr unmittelbar an. Wenn das auch bei den Nichtwählern, die eventuell gar die größte Partei stellen werden, klappt und sie aktiviert, tja dann ...  

Piratenpartei mag ja charmant sein, Durchschnittsalter 29 und Hauptsache online, aber das mit den Fragen und den Antworten, dachte ich, geht im politischen Wettstreit eigentlich andersherum.
Fragen habe ich selbst genug - oder, soll das heißen, daß ich dann bei den Piraten gerade richtig wäre. Da muß ich ran, will deren Durchschnittsalter aber nicht zu stark anheben.

Weshalb wir uns für eine Weile verziehen, in eine Gegend, in der das ZDF als ein Jugendsender gilt, zur Rehab. Vielleicht klappts bei mir dann aus der Ferne auch mit Berlin verstehen.


Sonntag, 7. August 2011

Wahlwerbung 03 - Grün Schwarz Rot rot

(s. auch Post 'Wahlwerbung 02' v. 2.8.11)
 
Was hab ich mich in den letzten Tagen, wenn ich durch Berlin fuhr, in Gefahr begeben. Was habe ich das Risiko geradezu gesucht, wenn mein Blick nur zur Hälfte auf die Straße gerichtet war, während die andere Hälfte aufwärts gerichtet die Plakate an den Straßenrändern entlangscannte.
Und wofür?

Für den verdruckst-anbiederischen Wortwitz der Grünen im Afrikanischen Viertel: Genau mein WedDing oder auf dem Weg in die Stadt die stabreimende Grüne Wortspielbehelligung: Tilo für Tiergarten. Oder überall im zentralen Stadtbezirk das Willy-Astor-hafte: Fischer? Ja, Mitte!

Und wie stehts mit dem schalen Sozial, Kompetent, Natürlich Bio. Soll mich das dazu animieren, ein Kreuz bei Grün zu setzen?!
Sozial ist sogar die CSU, schon im Namen. Kompetent sollte sowieso jeder sein, der gewählt werden will. Und ob Bio oder nicht ist eher eine Entscheidung für den Supermarkteinkauf und gibts auch längst bei AldiLidl.
Und was soll ich von einem Grünen Eiapopeia wie aus Wilmerdorf halten: Lebenswert. Liebenswert. Grün.  Soll ich dafür wählen gehen?
Der durchgehend grüne Hintergrund der Plakate immerhin ist als Alleinstellungsmerkmal noch geblieben. Und sonst!?

Die Grünen bersten ja vor Tatendrang. Überall wollen sie ranmüssen:  Bezahlbaren Wohnraum, S-Bahn fit machen, Sozial und gerecht  für Berlin und Allem und Jedem wird angedroht:  Da müssen wir ran! Da müssen wir ran! Da müssen wir ran!
Da müssen wir ran heißt erst mal nicht viel. Es ist nicht gesagt, ob sie auch wirklich ran gehen, ob Lösungen gefunden werden, welcher Art diese sind, oder ob es überhaupt welche gibt. Da müssen wir ran benennt im Grunde nur, wo Handlungsbedarf bestünde; es ist nicht gesagt, daß auch gehandelt wird und wenn ja, wie tatsächlich gehandelt werden würde.

Aber erstmal wird großer Aktionismus suggeriert. Genauso unter ADS wie Grün scheint auch die CDU zu leiden.  (Wär doch schon mal eine schöne Grundlage für eine grün-schwarze 'wedding'.)

Komm, laß uns handeln!  säuselt da der alte Charmeur von der CDU oben auf den Plakat ganz im Sinne der Grünen Kernaussage vom Ranmüssen. 'handeln' ist hier zu verstehen als 'tätig sein, tätig werden'. Zusammen mit dem starken Appell eines doppelten Imperativs (Komm und laß) steckt hierdrin also die Aufforderung, etwas zu tun.
Und zwar was? Na etwas. Hauptsache handeln, tätig sein, tun, und zwar in einer Endlosschleife. Wie, warum, wozu? Bleibt ungesagt.

Oder doch nicht ganz. Das ganze Handeln also Damit sich was ändert.
Das ist an Unbestimmtheit erstmal schwer zu überbieten, aber es ist eben die Übersetzung des Obama'schen Change-yes-we-can durch die CDU-Berlin.
Als Grundlage für Koalitionsverträge mag solch ein Ausmaß an Vagheit ja schon mal ein guter Anfang sein, aber Wowie wird das keine schlaflosen Nächte bereiten.
Außerdem gilt bei einer Wahl, daß eine bekanntes Übel immer noch besser ist als unbekannte Segnungen; das ist der Regierungsbonus.

Für Grün oder Schwarz muß ich mich am Wahltag also nicht extra ins Wahllokal begeben. Denn während die CDU einen Hang zum Läppischen in ihrer Wahlwerbung hat, kommt bei Bündnis 90/Die Grünen erschwerend noch ein Nervfaktor durch den textlichen Aufwand hinzu.

Da hab ich mir doch bisher die SPD gelobt!
Ein Kandidaten-Gesicht, der Kernslogan Berlin verstehen, dazu das Rot unterlegte SPD. Soviel Corpsgeist, soviel Einigkeit, wenigstens Corporate Identity hat die SPD schon lange nicht mehr gehabt.

Und diese Ruhe! Nicht dieses aufdringliche hyperaktive Ranmüssen und Handeln und Ändernwollen.
Nein, ganz kontemplativ: Berlin verstehen! Das ist gut, richtig gut, das strahlt Sicherheit aus, da nimmt sich wer Zeit, da versteht jemand erst einmal etwas, bevor er sich ans Handeln macht - worüber aber Nichts gesagt ist, es kann auch ausbleiben.

Und so bescheiden! Alle Kandidaten/innen wie gleichwertig: unser Regierungswowie nicht stärker hervorgehoben als unser einfacher Wahlkreiskandidat, als unser Bezirks-bürgermeister.

Die SPD hätte schon fast meine Stimme sicher gehabt, da ihre Wahlwerbung die am wenigsten behelligende für mich ist, doch dann vorgestern, als ich morgens aus dem Fenster sehe, das hier!


Ich dachte, das Plakat will mich erschlagen, und ständig der Blick der Frau ins Fenster. Nee, das muß ich mir mit der Stimme nochmal überlegen.

Was ist eigentlich mit der anderen Regierungspartei Die Linke.? Machen die überhaupt mit diesmal? Ich habe nur ganz vereinzelt mal das eine oder andere Wahlplakat gesehen.
Vielleicht muß ich aber auch nur mal nach Ost-Berlin fahren. Angeblich soll da zugepflastert sein mit Die Linke.
Könnt' ich ja nächsten Sonnabend mal ne Besichtigungstour machen.
Achnee, ist der 13. August, da hab ich mit Lotti Prüfung!

Dienstag, 2. August 2011

Wahlwerbung 02 - Die Sonne kommt Gerade Richtig

Heute tatsächlich der angekündigte Sonnenschein. Zeit zum Durchlüften, zum Austrocknen. Heißt natürlich, Blumen Gießen. Aber von mir, keine Klage darüber.

Lausepark, heute
Auch keine Klage darüber, daß das Straßenbild anfängt, arg beeinträchtigt zu werden durch die angebeppten Wahlkampfplakatsträuße. Obwohl ich mich gestern dieser Plakate wegen ganz schön in Gefahr begeben habe.
Ich fuhr eine längere Strecke mit dem Auto und versuchte beim Fahren zu lesen, was die einzelnen Parteien mir so mitzuteilen hätten. Schon wenn da nur ein einziges Plakat am Laternenmast angebracht ist, - mindestens in einer Höhe von 2,50 m, an Radwegen nämlich, neben dem Fahrdamm gar in 4,50 m Höhe - lenkt das den Blick stark vom Verkehrsgeschehen ab. Wieviel mehr erst, wenn da zwei oder drei Plakate hängen. Ich bin also eine nicht unerhebliche Strecke praktisch wie blind gefahren. Aber das muß es einem die Dokumentaristenpflicht natürlich wert sein; und passiert ist ja nix.

Da Fotos sich hinter dem Steuer sitzend aber auch nur schwer schießen lassen sind die Gassigänge mit Lotti natürlich das ideale Umfeld um sich eingehend mit der Wahlkampflandschaft zu befassen: Während Lotti an Mast oder Baum schnüffelt, leg ich den Kopf in den Nacken und studiere, wie sich um mich bemüht, wie um mich gebuhlt wird: wenigstens um meine Stimme.
Da der Post 'Wowie war im Lausepark' vom 27.Juli 2011 schon der erste Beitrag zum Thema Wahlwerbung war, gehts heute mit Folge 02 meiner subjektiven, kursorischen und nicht immer gerechten Betrachtungen weiter.

Gestern hatte ich mich noch gewundert, daß ich praktisch kein einziges Grünen-Plakat gesichtigt hatte. Sind die sich schon so siegessicher, daß sie meinen, es gar nicht mehr nötig zu haben. Da ja aber nicht alle Straßen von allen Parteien gleichmäßig bepflastert werden, war ich vielleicht nur noch nicht an den richtigen Orten.

Am Nettelbeckplatz fand ich dann heute morgen auf dem Gassigang Grünes:

Nicht ganz ungefährlich solche Negativwerbung.
Als erstes fällt auf: 'Fällt aus!' Als zweites: die Farbe Grün. Wie hängen die beiden aber zusammen? Ist jetzt Grün dafür, daß 'ausfällt' (das ergänzt man noch selbsttätig mit Unterricht in der Schule), oder ist Grün gar Schuld daran,  daß 'ausfällt'?!

Natürlich nicht, denkt jetzt jeder, aber woher weiß ich das. Von dem Plakat erst mal nicht, denn was als nächstes auffällt, ist das in etwas Sprechblasenähnliches gehüllte 'Da müssen wir ran!' Und  was ist das vor diesem Satz, ein Ampelmännchen? Nein, nach mehrmaligem Zoomen kann  man ein Bärchen ausmachen. Ein Bärchen! Was um Himmelswillen soll das Bärchen hier?!
Und was genau will 'Da müssen wir ran!' uns sagen. Das kann auch heißen, erst mal genau analysieren, dann Lösungsvorschläge erarbeiten, dafür wiederum diverse Gutachten heranziehen. Da kann man dann immer noch sagen, wenn weiter ausfällt: Wir sind dran!
Ja klar, ganz zum Schluß kommt man auf  'Bessere Schulen', ja will ja jeder, diese Forderung in dieser Formulierung könnte denn auch von jeder, aber absolut jeder Partei kommen.
Und wie das gehen soll? Auf jeden Fall will Grün das Hamburger Desaster vermeiden in Berlin, deshalb besser vage bleiben. Auch gut, aber das geht auch mit weniger Worten.

Kunst oder gibt das nen Blutstau?
Die Rückseite versuchts dann mit Kunstklau. Ja, das ist ja ne ganz hübsche Idee sich für Wahlwerbung auf Georg Baselitz zu berufen.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Baselitz)
Dann aber bitte durchgehend.
Außerdem hängt das auch nicht vorschriftsmäßig hoch genug.
Ist doch wohl kein schlechtes Omen fürs Wahlergebnis.

Was bei mir gestern beim Autofahren als Slogan hängengeblieben ist stammt leider von der CDU.
Ob oben links, ob oben rechts, egal, es ist immer 'Gerade richtig'. Dazu ein Bild des jeweiligen Kandidaten und der Hinweis, um welches Mandat es geht, und fertig.
Das ist gerade richtig, wenn man mal schnell eine Wahlempfehlung bekommen möchte: den/die können Sie nehmen=wählen, der/die ist gerade richtig.
Ist der Wein auch gut temperiert? Gerade richtig.
Und das Essen? Nicht zu scharf, nicht zu viel, nicht zu heiß? Nein, alles paletti, Gerade richtig.

Und dieser Minimalismus - weshalb ich den Slogan ja auch so gut beim Autofahren mitbekam -, nicht zu unterbieten: Gerade richtig! Weniger geht nicht. Mehr an Vagheit alerdings auch nicht. Aber es fühlt sich gut an! Und es behelligt einen doch auch nicht so wie das Gesäusel der Grünen, die mit viel mehr nervendem Aufwand auch nicht weniger vage bleiben.

Aber dann,  nur ein paar Meter weiter, wird alles wieder versaut.
Mag ja Frau Neumann gerade richtig sein wie sie will, aber dieses verdruckst-anbiederisch dadrunter gesetzte 'Endlich Neu!Mann' ist ein Wortspielwitzversuch aus der Kategorie: Komm raus, du bist umzingelt.
Das ist Wählerbeleidigung.